Im Leben gibt es Momente, in denen wir bemerken, dass eine unserer Gewohnheiten hinderlich ist. Was sind Ihre Gewohnheiten und Routinen? Welche davon sind begrüßungswert und welche möchten Sie gerne loswerden?Vielleicht kommen wir dann auf die Idee, ein nützliches Verhalten als Gewohnheit zu „installieren“. Eine gute Idee. Leider ist das nicht so einfach. Wenn wir allerdings einige Regeln beachten, wird es gelingen. Gewohnheiten erfolgreich installieren braucht ein System.Grundsätzlich funktionieren alle Lebewesen nach dem Prinzip des „Habit-loop“. Habit-loop bedeutet nichts anderes als Gewohnheitsschleife. Sie besteht aus vier aufeinander folgenden Schritten:

Habbit Loop
- Der Trigger, der Reiz weist auf das Verhalten hin oder löst die Gewohnheit aus, die das Verlangen befriedigen wird.
- Das Craving oder Verlangen nach dem positiven Gefühl.
- Die Reaktion die Verhaltensweise, die durch den Reiz ausgelöst wird und zum positiven Gefühl führt.
- Das positive Gefühl, das das Verlangen des Belohnungssystem befriedigt. Diese Belohnung führt zur Verstärkung der Reaktion.
Ein „Rezept“ zur Installation neuer Gewohnheiten
Wir können nur dann eine alte Gewohnheit loswerden, wenn wir sie durch eine neue Gewohnheit austauschen. Nur eine alte Gewohnheit loswerden, wird nicht funktionieren. Ebenso wird es schwer, wenn wir es mit Selbstkontrolle versuchen. Selbstregulation ist motivierender als Selbstkontrolle. Viele Menschen, die neue Gewohnheiten installieren möchten, greifen zur Selbstkontrolle. So essen sie zum Beispiel Salat, um sich gesünder zu ernähren. In dem Augenblick, wo wir uns dazu zwingen den Salat zu essen, greifen wir zur Selbstkontrolle. Das wird nur kurze Zeit gelingen, weil es aggressiv erlebt wird. Eine neue Gewohnheit lässt sich nur dann installieren, wenn das Gehirn einen Vorteil damit verbucht. Das Gehirn möchte Energie sparen. Bei der Selbstkontrolle wird Zwang erlebt, der negative Gefühle produziert. Die Inkonsistenzspannung steigt. Da unser Gehirn die Hauptaufgabe hat, die Inkonsistenzspannung auf einem niedrigen Niveau zu halten, wird es tätig, was jedoch Energie verbraucht. Die Bilanz ist negativ. Schlechte Voraussetzungen für eine neue Gewohnheit!
- Eine Gewohnheit zu installieren gelingt besser durch Selbstregulation.
- Der Prozess der Veränderung führt zu der Frage, welches neue Verhalten ist einzuüben, um die unerwünschte Gewohnheit durch eine funktionale Gewohnheit zu ersetzen?
- Wir haben den Trigger Auslöser zu kennen, der die alte Gewohnheitauslöst. Dabei hilft achtsame Beobachtung.
Wir erkennen, dass wir achtsam sind, wenn wir uns später noch an das erinnern, was wir getan haben. Also prüfen Sie es selbst, wie gut können Sie sich an ihren letzten Tag erinnern? Was haben Sie gegessen, was war ihr Lieblingsmoment? Ich empfehle Ihnen, immer wieder für 1 Minute inne zu halten und sich zu fragen: Wie geht es mir gerade? Das wird oft als „Glocke der Achtsamkeit“ bezeichnet, an die man sich auch durch eine App erinnern lassen kann. Diese App gibt es kostenlos: Plum Village App. Sie ist ein Produkt der Thich Nhat Hanh Gemeinschaft. - Die durch den Trigger ausgelöste Gewohnheit führt zu angenehmen Gefühlen. Unser Belohnungszentrum im Gehirn verlangt (Craving) nach diesem positiven Gefühl. Nur wenn das neue Verhalten eine ähnliche positive Reaktion erzeugt, hat das neue Verhalten eine Chance zur Routine zu werden.
- Die neue Verhaltensweise sollte in unserem Belohnungszentrum eine positive Konsequenz auslösen. Vielleicht sind wir stolz, dass wir das neue Verhalten gezeigt haben oder wir freuen uns darüber. Hinzu kommt das angenehme Gefühl als Ergebnis des Verhaltens. Diese positiven Emotionen führen zur Verstärkung des zuvor gezeigten Verhaltens. Ist die Konsequenz aus unserem Verhalten eine negative Emotion, hat das neue Verhalten keine Chance, eine Gewohnheit zu werden.
Hierzu ein Beispiel: Wenn wir uns entscheiden gesund zu essen und deswegen unsere geliebten Pommes mit Majo durch einen grünen Salat ersetzen, so wird das Essen des Salates nicht zu einem positiven Gefühl führen. Wir vermissen den Geschmack und das daraus resultierende angenehme Gefühl der Pommes. Deshalb wird das Essen des grünen Salates keine neue Gewohnheit werden. Wenn wir allerdings den Salat mit angenehmen Zutaten garnieren, z. B. geräucherte Tofustreifen oder gebratene Hähnchenbrust, wird der Salat deutlich eher zu positiven Gefühlen führen. Das ist die Grundlage für eine neue Gewohnheit. - Sobald der Reiz bzw. Trigger, entweder die Uhrzeit oder die Situation, nochmals auftritt, erinnert sich unser Gehirn an die positive Konsequenz. Unser Gehirn ruft dann automatisiert das gespeicherte Verhalten, wie z. B. Zähneputzen, Salat, etc. ab, um eine Verstärkung, die positive Konsequenz zu erhalten.
- Je häufiger wir die Gewohnheit wiederholen (hohe Frequenz), um so stabiler wird das neuronale Netzwerk. Die neue Gewohnheit stabilisiert sich. Durch eine hohe Frequenz wird das funktionale Verhalten rasch zur neuen Gewohnheit.
Dieser Lernmechanismus funktioniert am besten in den ersten zehn Lebens Jahren. In dieser Zeit ist das Gehirn besonders aufnahmefähig. Zu unserem Vorteil verfügt unser Gehirn bis ins hohe Alter über eine enorme Plastizität. D.h. wir können zu jeder Zeit entscheiden, unheilsame beziehungsweise schädliche Gewohnheiten oder Verhaltens- und Denkschemata abzulegen und durch heilsame, nützliche ersetzen.
Allerdings ist in vielen Fällen der Autopilot unseres Gehirns, durch seine im Basalganglion gespeicherten Routinen, viel schneller als unser bewusstes Denken. Möchten wir unser Verhalten ändern, fordert das eine hohe Konzentration und Geduld. Es ist wichtig auslösende Reize/Trigger achtsam, schnell zu erkennen und dann konsequent das neue Verhalten zu praktizieren. Wird die neuronale Bahn oft genug benutzt, entstehen viele Verzweigungen und Synapsen. Die Datenautobahn für das neue Verhalten wird ausgebaut. Dadurch wird das neue, erwünschte Verhalten zu einem funktionalen Automatismus.
Wenn wir eine neue Gewohnheit installieren, ist es wichtig, nicht zu übertreiben. Wir dürfen nicht zuviel auf einmal verlangen. Schauen wir uns ein Kind an. Wenn wir möchten, dass ein Kind etwas tun soll, was es überfordert, dann geht es weg (Flucht). Genauso reagiert unser „Inneres Kind“. Etwas in uns weigert sich. Es ist leicht Gründe zu finden, um etwas nicht zu machen. Der häufigste ist: Keine Zeit. Deshalb fordern wir von uns zu Beginn nur wenig. So, dass es nicht zu einem Vermeidungsverhalten (Flucht) führt. Wenig ist oft mehr. Z.B. kann jeder morgens einige Liegestützen machen. Ist dies ein verträgliches Maß, haben wir vielleicht noch Lust, einige Kniebeugen zusätzlich zu machen. Wenn wir aber fordern, dass wir direkt 20 Liegestützen machen und das auch noch dreimal wiederholen, werden wir das vielleicht vermeiden.
Wir können eine neue Gewohnheit auch dadurch unterstützen, dass wir sie an eine schon vorhandene Gewohnheit koppeln. Wenn wir es gewohnt sind, morgens einen Kaffee zu trinken, können wir uns beim Kaffeetrinken z.B. daran erinnern, achtsam zu atmen und uns gerade hinzustellen. Das achtsame Atmen bringt uns ins „Hier und Jetzt“, der Moment, indem wir leben. Der gerade Stand hilft uns, einer Skoliose vorzubeugen. Ebenso können wir mit uns die Vereinbarung treffen, dass wir erst dann den Kaffee trinken, wenn wir vorher diese zehn Liegestützen gemacht haben.
Genau wie wir die neue Verhaltensweise an eine vorhandene Gewohnheit koppeln, könne wir sie auch ein eine bestimmte Uhrzeit koppeln. So können wir z. B. mit uns die Vereinbarung treffen, morgens um 7:00 Uhr die Liegestützen zu trainieren. Ebenso können wir die neue Gewohnheit an eine bestimmte Situationkoppeln. Z. B. kann ich sofort, wenn ich von der Arbeit nach Hause komme, die Liegestützen durchführen. Dadurch habe ich sogar einen Trennstrich (Separator) zur Arbeit gezogen. Ich habe dann mehr Abstand, kann besser abschalten.
Das zwei Kartensystem von Monty Roberts, dem berühmten Pferdeflüsterer, ist eine weitere Methode, die wir nutzen können, um neue Gewohnheiten sicher zu installieren.
Neues Verhalten bedeutet immer einen Aufwand. Unser Gehirn hasst Denken und möchte immer den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Deshalb mag es keine Veränderung. Eine neue Gewohnheit ist jedoch eine Veränderung. Deshalb ist es von Vorteil, wenn wir unserem Gehirn diese Gewohnheit schmackhaft machen. Eine Belohnung ist so auszusuchen, dass wir sie wirklich mögen. Wir sind dann motiviert einen Aufwand zu investieren, wenn wir einen Nutzen davon haben. Deshalb ist eine Belohnung wichtig. Sie stellt einen Teil des Nutzens da. Unser Gehirn funktioniert wie bei allen Lebewesen. Nach dem ersten Lerngesetz wird ein Verhalten dann häufiger gezeigt, wenn danach eine Belohnung erfolgt.
Das Gegenstück zur Belohnung ist die Bestrafung. Das zweite Lerngesetz besagt folgendes: Folgt auf ein Verhalten eine negative Konsequenz (Bestrafung), wir es in seiner Frequenz abnehmen.

Zwei-Karten-System
Nach der Methode von Monty Roberts ist beides zu kombinieren. Wir treffen mit uns eine Vereinbarung, die wir auf zwei Karten festhalten. Auf der ersten Karte notieren wir das neue Verhalten, das wir als Gewohnheit installieren möchten und die Belohnung, die wir ausgewählt haben. Auf der zweiten Karte notieren wir, wie wir uns bestrafen, falls wir das neue Verhalten nicht wie vereinbart durchführen. Wir tun etwas, was uns unangenehm ist (Bestrafung) und bestrafen damit unser Vermeidungsverhalten. Lassen wir z.B. die morgendlichen Liegestützen aus, haben wir das Geschirr zu spülen, was eigentlich die Partnerin tun wollte. Das Gehirn lernt dadurch, dass es besser ist, das funktionale neue Verhalten zu zeigen, z.B. die Liegestützen zu machen, da ansonsten eine zusätzliche Arbeit zu erledigen ist. Für den Fall, dass uns die Belohnung nicht genügend motiviert, droht dann die Bestrafung. Somit ist gesichert, dass die Wahrscheinlichkeit, das neue Verhalten zu zeigen, steigt.
Eine weitere Methode zur Absicherung einer neuen Gewohnheit, ist das Kundtun bzw. Veröffentlichungunseres Ziels bzw. der neuen Verhaltensweise. So können wir zum Beispiel unsere Partnerin informieren, dass wir jeden Morgen 5 Liegestützen machen, bevor wir unseren Kaffee trinken. Wenn sie dann feststellt, dass wir die Liegestützen ausgelassen haben, wird sie uns daran erinnern, das Geschirr zu spülen.
Letztendlich ist es wichtig, dass wir ehrlich zu uns selbst sind. Ausreden interessieren niemand. Jeder Mensch ist in der Lage eine Ausrede zu finden. Die wenigsten übernehmen Verantwortung und stellen sich dem Aufwand.
Neue Gewohnheiten lassen sich nachhaltig installieren, wenn wir sie:
- an bestehende Gewohnheiten koppeln
- an Uhrzeiten koppeln
- an Situationen koppeln
- wohl dosiert einführen
- konsequent statt der alten Gewohnheit praktizieren
- häufig anwenden
- belohnen und
- öffentlich machen.
Nun liegt es an Ihnen das „Rezept“ auszuprobieren. Mit welcher Gewohnheit möchten Sie beginnen? Wann möchten Sie damit starten? Am besten sofort, nicht aufschieben! Stellen Sie sich vor, wie Sie sich fühlen werden, wenn die neue Gewohnheit zu Ihrer Normalität geworden ist. Spüren Sie. Wie fühlt sich das an?
Bei Fragen, können Sie sich gerne an mich wenden.